Die SPD war am Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts zur größten und stärksten Partei geworden, sowohl im deutschen Reich als auch international. Sie setzte sich umfassend für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung ein, die durch die Industrialisierung entstanden und in weiten Bereichen arm, rechtlos und ausgebeutet war. Führende Köpfe der SPD waren damals, unter vielen anderen, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.
Rosa wurde 1871 im polnischen Teil des Zarenreiches geboren. Wegen politischer Betätigung und Verfolgung musste sie fliehen. In Zürich konnte sie studieren, was damals in anderen europäischen Ländern nicht möglich war. Als kluge, sprachbegabte Analytikerin arbeitete sie für verschiedene Zeitungen und nahm an verschiedenen internationalen Konferenzen der sozialdemokratischen Parteien Teil; so auch 1907 in Stuttgart, wo sie auf dem Cannstatter Wasen vor 30.000 Demonstranten sprach. Sie besuchte auch des öfteren ihre Freundin Clara Zetkin in Stuttgart-Sillenbuch.
Karl wurde 1871 in Leipzig geboren. Sein Vater war Wilhelm Liebknecht, einer der Mitbegründer der SPD. Karl wurde in der Thomaskirche getauft, in der Johann Sebastian Bach von 1723 bis 1750 Kantor gewesen war. Taufpaten waren Karl Marx und Friedrich Engels, die allerdings nicht anwesend sein konnten. Nach dem Abitur studierte Karl Jura und eröffnete zusammen mit seinem Bruder Theodor und Oskar Cohn in Berlin eine Rechtsanwaltskanzlei. Er verteidigte politisch Verfolgte und kritisierte die Klassenjustiz. Er war Mitglied des Preußischen Landtags und des Reichstags.
Rosa und Karl arbeiteten in der SPD und in deren internationalen Zusammenschlüssen. Sie gehörten dem linken, marxistischen und antimilitaristischen Flügel an. Sie analysierten wissenschaftlich und juristisch die herrschenden Verhältnisse des Kapitalismus und Imperialismus und suchten nach Wegen zur Befreiung und Emanzipation der Arbeiterinnen und Arbeiter, sowie der Kolonien. In der SPD wurde heftig gestritten über Fragen der Reform oder Revolution, des Militarismus und der internationalen Solidarität. Die sozialdemokratischen Parteien Europas hatten auf verschiedenen Konferenzen mehrfach geschworen sich dem Krieg entgegenzustellen, zu streiken und nicht auf die Klassenbrüder zu schießen. Als im August 1914 der I. Weltkrieg anbrach, verfielen weite Teile der führenden Sozialdemokraten jedoch dem nationalistischen Wahn und unterstellten sich dem feudal-militärischen Diktat.
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht widersetzten sich dieser Burgfriedenspolitik der SPD. Sie wurden mehrfach wegen angeblicher Majestätsbeleidigung und ihre Kritik am Krieg angeklagt und inhaftiert. Sie konnten trotz massiver Repressionen zunächst innerhalb der SPD Menschen zusammenführen, die sich dem Krieg entgegen setzten – in der Gruppe Internationale, im Spartakusbund und dann in der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) und der Kommunistischen Partei. Nach der Novemberrevolution 1918, die den Krieg beenden half; setzten sie sich für eine Räterepublik, die Sozialisierung der Großindustrie und die Entmachtung der Militärs ein. Gemäß Geheimabsprachen zwischen der rechten SPD-Führung unter Friedrich Ebert und Gustav Noske gingen Heereseinheiten, Offiziere und Freikorpssoldaten gegen die Arbeiter vor, die diese radikaleren Forderungen unterstützten. Allein in Berlin wurden Hunderte von Demonstranten und Streikenden exekutiert.
Rosa und Karl wurden am 15. Januar 1919 verhaftet. Nach schweren Misshandlungen wurden auch sie erschossen. Kurz zuvor hatten beide noch Artikel verfasst; Karl mit der Überschrift: „Trotz alledem!“; Rosa: „Eure „Ordnung” ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: Ich war, ich bin, ich werde sein!“
Freitag, 25. Januar + Donnerstag, 21. Februar, 20 Uhr, WLB, Studio am Blarerplatz: Rosa Luxemburg und ihre Freunde – Mathilde Jacob und Leo Jogiches.